Kapi Tel 1
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Erster Abschnitt.
Da ich von einer der angenehmsten Sommerreisen durch die westlichen Inseln Schottlands nach Island und die Orkneys glücklich zurückgekommen bin, so sind die Herren Banks und Doctor Solander, als sie im abgewichenen Sommer schon fertig waren, nach dem Beschluss des Königs und des Parlaments eine neue Reise rund um die Welt anzutreten, auf eine der engländischen Admiralität wenig Ehre bringende Art vor den Kopf gestossen worden. Um inzwischen ihre Zeichner und die übrigen Personen, die sie sich zu ihrer Reise in die Südsee ausgesucht hatten, zusammen zu behalten, fassten sie den Entschluss, eine andere Reise vorzunehmen. Sie konnten dazu wohl kaum eine bessere wählen, als die nach Island, und ob ich gleich beynahe schon einen Fuss in dem Schiff hatte, um nach Schweden zurück zu segeln, so habe ich mich doch nicht lange bedacht, ihr Anerbieten anzunehmen, sie auf dieser Reise zu begleiten. Ich war froh, in ein Land zu kommen, wo ich nicht nur hoffen konnte, viele Ueberbleibsel unserer alten Sprache zu finden, sondern wo ich auch gewiss war, die Natur von einer ganz ungewöhnlichen Seite zu Gesicht zu bekommen.
Ich habe mich in beyden Stücken keinesweges geirret, und nie konnte für mich eine glücklichere Gelegenheit erdacht werden, als da ich diese Reise in Gesellschaft des Herrn Banks (*) und Solander thun konnte.
(*) Herr Joseph Banks stammt aus einem alten Engländischen Geschlecht in Lincoln-schire her, wo er auch beträchtliche Güter besitzt, die einige tausend Pfund Sterling Einkünfte bringen, und worunter auch eine der feinsten Bleyerz-Gruben in England ist. Da er, ohne Lohn von der Krone zu ziehen, davon sehr anständig leben kann, so hat er nach engländischer Denkungsart es nicht der Mühe werth gehalten, für einen Titel oder ein Band in Dienste zu gehen. Statt dessen hat er sich gänzlich der Naturgeschichte gewidmet, und alle seine Zeit, seine Bequemlichkeit und seine Einkünfte aufgeopfert, um darinn neue Entdeckungen zu machen. Desfalls that er schon im Jahr 1763, da er noch nicht zwanzig Jahr alt war, eine Reise nach Newfoundland und Labrador, und stellte im Jahr 1768 die Reise um die Welt an, welche beynahe drey Jahre dauerte. Die von diesen reisen mit nach Hause gebrachten Sammlungen sind von einem Kenner gemacht, der kein Geld schonen durfte, und sie sind daher so gross als prächtig. Man arbeitet jetzt eifrig daran, sie in Kupfer zu stechen. Es giebt in England noch eine andere Familie, die auch Banks heisst, und die von einem schwedischen Banks, einem Sohn von Lars Banks und einem Bruder des nachher in den Adelstand erhobenen Adlerstedt herstammt. Dieser Mann reiste nach England als Bevollmächtigter einiger schwedischen Kaufleute, welchen die engländischen Kaper während der Kriegsunruhen einige Schiffe weggenommen hatten. Er blieb hernach in England, und nahm, nachdem das Hanöverische Haus zur Regierung gekommen war, bey den Versuchen, welche der Prätendent machte, Theil an dortigen politischen Händeln, nicht zwar eigentlich für sich selbst, sondern als ein guter einfältiger Mann, dessen sich das schwedische Ministerium zu bedienen für gut befand. Er kam darüber so gar 1717 in Arrest, woraus er doch bald wieder losgelassen ward.
Wir segelten den 12ten Jul. vorigen Jahrs auf einem Schiffe von London ab, wofür monatlich 100 Pf. Sterling bezahlt ward. Ausser Herr Banks, Doctor Solander und mir, waren auch noch am Bord ein Astronom, (*) ein Capitain von der Admiralität, (ein durchaus braver Mann, er hiess Gore, und sein Name verdient auch deshalb angemerkt zu werden, weil er, so viel man weiss, der einzige ist, der dreymal um die Welt gesegelt ist,) ferner ein Lieutenant, drey Zeichner und zwey Schreiber, welche mit dem Schiffsvolk und den Bedienten ohngefähr 40 Personen ausmachten.
Wir landeten erst bey Wrigth, und brachten zwey Tage auf dieser Insel zu, die gleichsam ein kleines Paradies ist. Die Natur scheint hier nichts gespart zu haben, um sie recht schön und angenehm zu machen, und ich weiss daselbst fast keine Stelle, von da man nicht die schönste Aussicht hätte. Auch die Einwohner sogar sind eben so beschaffen. Sie leben gleichsam in einem kleinen Staat unter sich selbst. Sie sind nicht reich, aber sie wissen von keinem Bettler; alle sind munter, reinlich und dienstfertig; und man hat fast kein Beyspiel, dass sie sich mit einer Person verheyrathen, die sich nicht auf ihrer Insel niedergelassen hat.
Von da giengen wir nach Plymouth, wo wir die Docken, die Magazine u. d. mit allem, was dazu gehört, in Augenschein nahmen, und darauf segelten wir weiter in den St. Georgs-Kanal.
(*) Doct. Jacob Lind, von Edinburg, der sich durch viele Abhandlungen in den Philosophical transactions bekannt gemacht hat.
Wir hatten uns vorgenommen, auf der Insel Man an Land zu steigen, da es eine der wenigen Stellen ist, wohin die Runenschrift durch die Dänen gebracht worden, und die einzige, wo man ausser Norden einige unserer alten Runensteine findet; allein auf der See ist man nicht allezeit Herr von seiner Reise. Der Wind zwang uns, Man zur Rechten liegen zu lassen, und unsere Fahrt nach den westlichen Inseln Schottlands fortzusetzen.
Die Fahrt zwischen diesen Inseln ist die angenehmste, die man sich nur wünschen kann, ob sie gleich, wenn man keinen guten Wind und keine gute Lootsen hat, nicht die beste ist; denn im ersten Fall hängt man von der Ebbe und Fluth ab, und im letztern läuft man zwischen den vielen Klippen Gefahr.
Das Land ist übrigens so beschaffen, dass ich mich gar nicht darüber wundere, dass es sowohl einen Fingal als einen Ossian hervorgebracht hat. Es ist nicht an diesem Ort allein, wo wir Helden zwischen den Bergen erzeugt sehen, und was kann leichter Dichter bilden, als das Rohe und Bezaubernde der Natur, das hier auf eine so einnehmende Weise vereinigt ist?
Es würde zu weitläufig seyn, wenn ich Ihnen alle die Inseln vorrechnen wollte, die wir besucht haben. Die merkwürdigsten sind Oransay und Colums-kill wegen ihrer Alterthümer, Scarba, wegen eines bekannten Wasserganges und Staffa, wegen der natürlichen Pfeiler, die sonst noch nicht bekannt gewesen sind, und alles übertreffen, was man von der Art vorher gesehen hat.
Die Einwohner, sowohl hier als an den meisten Orten in dem obern Theile von Schottland, haben ihre eigene Sprache, die sie Erse nennen, und die ein Ueberbleibsel des Celtischen ist. In dieser Sprache hat Ossian seine vortrefflichen Gesänge verfasst, ob gleich die Einwohner jetzt nichts aufzuweisen haben, was damit in Vergleichung gestellt werden kann. Da es etwas besonders ist, dass sich die Sprache hier so lange erhalten hat; so dürfte es nicht unangenehm sein, die Gränzen, worin solche eingeschlossen ist, genauer zu kennen. Ich will solche vorzeichnen, und glaube es mit so mehrerer Gewissheit thun zu können, da ich meine Nachrichten von Herr Macpherson erhalten habe, dem einzigen Mann in ganz England, der sich um diese Sprache besondere Mühe gegeben hat.
Auf der östlichen Seite fängt sie bey Nairn an, und geht so das ganze Land durch und bis zu allen westlichen Inseln. In Norden hört sie bey Cathness auf, wo von zehn Kirchspielen nur in vieren ersisch gesprochen wird; die übrigen sechs sprechen besser englisch, als man sonst irgendwo in Schottland hört. In Irland giebt es eine besondere Mundart derselben, so wie auch in Wallis [Wales] und Bretagne, doch sind solche nicht so sehr verschieden, dass jemand, der in einer dieser Provinzen geboren ist, sich nicht so ziemlich sollte in den anderen forthelfen können. Verstünde ich die Sprache der Dahlkerls, so hätte ich hier Gelegenheit gehabt, zu untersuchen, in wie weit die Aehnlichkeit Grund hat, die, wie es mir dem Gehör nach vorkam, zwischen diesen beyden Sprachen statt findet.
Das Land hat eine Menge nordische Alterthümer an Schlössern, Bürgen, Grabhügeln, Gedächtnissteinen (Bautasteinar) u.s.w. und das Volk, das sehr gut und über die Maasse gastfrey ist, hat eine Menge Gewohnheiten, die mit den bey uns auf dem Lande gewöhnlichen viele Aehnlichkeit haben, als z.E. dass sie den ersten May feiern (*) u.s.w.
(*) Man nennt diesen Tag wår Frudag, le jour de notre Dame; Diesen Tag, sagt man, muste man dricka märg i benen, d.i. muss man Mark in die Knochen trinken, vielleicht, weil die Feldarbeit damals angieng. Sonst ward er auch als ein Aposteltag gefeyert. Der Uebers.
Bey unserer Ankunft in Island, den 28 August 1772, sahen wir gleich eine, wenn gleich nicht schöne, doch ungewöhnliche und bewunderungswürdige Aussicht vor uns. Alles was wir erblickten, stellte uns nichts als Verwüstung vor, und unsere Augen, die Englands und Schottlands angenehme Küsten gewohnt waren, sahen nun nichts als Ueberbleibsel von einem, Gott weiss, wie altem Feuer. Die Beschreibung eines Landes, wo man nahe am Meer, fast mögte ich sagen, nichts als scharfe und vom Feuer glasirte Klippen gewahr wird, und wo sich das Auge in hohe Felsengebirge verliert, die mit ewigem Schnee bedeckt sind, kann freylich nicht solche Empfindungen zuwege bringen, die den denkenden Zuschauer bey dem ersten Anblick ganz und gar einnehmen. Es ist unstreitig, dass das Schöne beydes unsere Augen und Gedanken ergötzt, aber die rohe, die fürchterliche Natur macht oft die stärksten Eindrücke.
Wir warfen nicht weit von Bessestedr [Bessastaðir?], dem Wohnplatz des berühmten Sturleson [Snorri Sturluson], Anker, und fanden dort zwo Strecken von Lava, Garde und Hualeyre [Hvaleyri?] Hraun - denn was wir oder die Italiener Lava nennen, heisst in Island Hraun, von hrinna, rinnen, - wovon besonders die letztere merkwürdig war, da man daselbst ausser einem ganzen mit Lava bedeckten Feld, die im höchsten Grad flüssig gewesen seyn musste, ganze Berge von aufgeworfenem Tuff erblickte. Das Glück hatte uns gerade an einen Ort geführt, wo wir besser als an irgend einer andern Stelle auf Island die Würkungen eines Feuers betrachten konnten, das ein Stück Landes von zehn bis zwölf Meilen verwüstet hatte. Wir brachten hier verschiedene Tage mit so mehrern Vergnügen zu, alles zu untersuchen, als wir uns gleichsam in einer neuen Welt befanden.
Wir hatten hier auch beynahe alle Würkungen eines feuerspeyenden Berges gesehen, nur bloss die Oeffnung selbst nicht, woraus das Feuer hergekommen war, und um nun auch solche zu untersuchen, nahmen wir eine Reise von zwölf Tagen nach dem Heckla [der Hekla] selbst vor. Funfzig bis sechzig Meilen reiseten wir über eine unabgebrochene Strecke von Lava, und hatten endlich das Vergnügen, die ersten zu seyn, die jemals die Spitze dieses berühmten Vulkans bestiegen haben [falsch; das waren zwei isländische Studenten der Universität Kopenhagen im Jahre 1750. P.B.]. Die Ursache, dass niemand vorher da gewesen, liegt theils in einem gewissen Aberglauben, theils darinn, dass der Weg den Berg hinauf vor dem letzten Feuerauswurf, unendlich beschwerlich war. Es war keiner in unserer Gesellschaft, der nicht wünschte, seine Kleider ein wenig verbrannt zu haben, um nur den Heckla brennen zu sehen, und wir schmeichelten uns beynahe mit dieser Hoffnung, da uns der Bischof zu Skallholt [Skálholt] schriftlich meldete, dass in der Nacht zwischen dem 5ten und 6ten September, zehen Tage vor unserer Ankunft, Flammen aus demselben hervorgestiegen seyn, allein nun war der Berg geruhiger als wir wünschten. Von des Nachts um 1 bis 2 Uhr des folgenden Tages, brachten wir doch unsere Zeit sehr vergnügt damit zu, den Berg zu besehen, und wir waren so gar so glücklich, dass sich die Wolken, welche den grössten Theil desselben bedecken, gegen Abend so zertheilten, dass wir von da eine der weitesten Aussichten vor uns hatten, die man sich nur wünschen konnte. Der Berg ist etwas über 5000 Fuss hoch und theilt sich oben in drey Spitzen, wovon die mittlere am höchsten ist. Der geringste Theil des Berges besteht nur aus Lava, das übrige ist Asche, mit harten und dichten aus den Oeffnungen herausgeworfenen Steinen, nebst etwas Bimsstein, wovon wir nur ein kleines Stück mit etwas gediegenem Schwefel fanden.
Unter mehrern Oeffnungen waren besonders vier merkwürdig. Eine, wo die Lava die Gestalt halb umgefallener Schornsteinmauern angenommen hatte; eine andere, woraus Wasser hervorgeströmt war; die dritte, wo alle Steine so roth wie Ziegelsteine aussahen, und endlich eine, wo die Lava in einem Strohm hervorgebrochen war, die sich in einiger Entfernung davon in drey Arne getheilt hatte. Ich habe schon vorher gesagt, dass wir nicht glücklich genug waren, den Heckla Feuer speyen zu sehen, aber wir hatten doch zureichliche Spuren davon, dass er inwendig brannte, denn wir bemerkten auf dessen obersten Spitze, wo Farenheits Thermometer in der Luft 24º war, stieg er zu 153, wenn er auf die Erde niedergesetzt ward, in einigen kleinen Löchern aber war es so heiss, dass wir kaum mit einem kleinen Handthermometer die Wärme beobachten konnten. Man weiss nicht, dass der Heckla nach dem Jahr 1693 eher wieder Feuer gespyen als im Jahr 1766, da er den 1sten April Feuer auszuwerfen anfieng, lange brannte und viele Meilen da herum verstörte. Un verwichenen December gab er auch einige Tage Flammen von sich, und man glaubte dort in der Nachbarschaft, dass er in kurzen bald wieder anfangen werde, Feuer auszuwerfen, indem man bemerkt haben will, das die Ströhme in der Nähe daherum austrocknen. Man glaubt, dass dies daher komme, weil der Berg das Wasser an sich ziehe, und sey solches allezeit ein sicheres Merkmal eines bevorstehenden Ausbruchs gewesen. Sonst sind auch der Myvatn zwischen den Jahren 1730 und 1740 und der Kattlegia [wohl die Katla] im Jahr 1756 wegen heftiger Entzündungen in diesem Jahrhundert bekannt.
Doch ich will jetzt die feuerspeyenden Berge verlassen, um noch etwas von einer andern Würkung des Feuers zu sagen, die viel schöner, aber eben so wunderbar als erstere, und um so merkwürdiger ist, da man an keinem Ort, in der ganzen bekannten Welt, etwas findet, das ihr gleich kommt; ich meyne die heissen Wasserquellen, woran Island einen Ueberfluss hat.
Sie haben einen verschiedenen Grad der Wärme, und werden in Ansehung dessen von den Einwohnern selbst in Laugar oder warme Bäder und Huerer [Hverir] oder springende Quellen eingetheilt. Erstere findet man auch an mehrern Stellen in Europa; ob ich gleich glaube, dass sie an anderen Orten nicht zu all den Absichten, wie hier, gebraucht werden. Man badet sich nämlich nicht bloss darinn seiner Gesundheit wegen, sondern sie geben hier auch Anlass zu einer Art Galanterie. Die Armuth hindert den Liebhaber seiner Schönen Geschenke zu geben, und die Natur reicht keine Blumen dar, woraus man an andern Orten Kränze bindet. Hier ist also der Gebrauch, dass er statt alles dessen ein dergleichen Bad wohl reiniget, und dass solches darauf mit dem Besuch seiner Braut beehrt wird. Die andere Art der angeführten Wasserquellen, verdienet grössere Aufmerksamkeit. Ich habe eine grosse Menge derselben gesehen, will aber hier nur von drey der merkwürdigsten etwas sagen. Bey Laugervatn, einem kleinen Landsee, der ohngefähr zwo Tagereisen vom Heckla entfernt liegt und eine Meile im Umkreis hat, sahe ich die erste heisse springende Wasserquelle; und ich kann wohl sagen, dass ich da den schönsten Anblick hatte, der je gesehen worden.
Es war ein ungemein klarer Morgen, die Sonne hatte schon angefangen, die Spitzen der nächst angränzenden Berge zu vergulden; der Wind war so stille, dass der See, worauf einige Schwäne schwammen, so eben wie ein Spiegel war, und rund um denselben sah man an acht verschiedenen Orten, den von den warmen Quellen aufsteigenden Dampf, der sich endlich hoch in der Luft verlor.
Aus allen diesen Quellen sprang Wasser in die Höhe, aber eine besonders warf beständig eine Wassersäule, die 6 bis 8 Fuss dick war, 18 bis 24 Fuss hoch in die Luft. Das Wasser war im höchsten Grade heiss und schmeckte ein Stück Hammelfleisch und einige Lachsforellen, die wir uns darinn kochten, wie auch ein Schneehuhn, das in 6 Minuten fast in Stücken zerkocht war, ganz vortrefflich. Ich wünschte nichts mehr, als hier eine würdige Beschreibung von dieser Stelle machen zu können, aber sie würde doch allemal matt bleiben. Das ist wenigstens gewiss, dass die Natur keinem je ein ungezwungeneres Lob ihres grossen Meisters abgelockt hat, als ich ihm hier darbrachte.
Zu Reikum war eine andere solche Quelle, wo, wie man versichern wollte, das Wasser vor einigen Jahren 60 bis 70 Fuss hoch gesprungen war; nun aber sprang es nach einem Erdfall, der fast die ganze Oeffnung bedeckte, nur 54 bis 60 Fuss zur Seite heraus. Man sahe hier eine grosse Menge versteinerter Blätter, wie auch etwas gediegenen Schwefel, wovon dort das Wasser so gar einen viel stärkern Geschmack hatte, als an irgend einer andern Stelle.
Aber ich komme mit der merkwürdigsten zuletzt, deren Beschreibung den Lesern eben so unglaublich vorkommen dürfte, als sie mir vorkam; ich kann aber versichern, dass alles die Wahrheit ist, denn ich sage nichts mehr, als was ich selbst gesehen habe.
Bey Geyser [Geysir], nicht weit von Skallholt [Skálholt], einem der bischöflichen Sitze auf Island, sieht man einen der grössten Springbrunnen, der nur anzutreffen ist, und womit die berühmten Wasserkünste zu Marly und St. Cloud, bey dem Winterkasten in Cassel und zu Herrenhausen im Hannöverischen, schwerlich in Vergleichung kommen. Man findet hier innerhalb dem Umkreis einer halben Meile, zusammen 40 bis 50 siedende Quellen, die, wie ich mir vorstelle, alle ein und denselben Ursprung haben. Bey einigen ist das Wasser klar, bey andern dick wie Lehmwasser; bey andern, wo es wie durch einen feinen Oker durchgeht, blutroth, und noch bey andern, wo es durch einen hellern Thon läuft, milchweiss.
Das Wasser springt bey allen etwas in die Höhe, bey einigen beständig, bey andern nur von Zeit zu Zeit. Die grösste Quelle liegt in der Mitte, und sie beschäftigte besonders unsere Aufmerksamkeit den ganzen Tag den wir hier zubrachten, von des Morgens um 6 Uhr bis den Abend um 7 Uhr. Die Röhre, wodurch das Wasser sprang, deren Tiefe ich nicht angeben kann, hielte 19 Fuss im Diameter. Oben hat sie ein Becken, das nebst der Röhre wie ein Kessel formirt ist; der oberste Rand des Beckens ist 9 Fuss einen Zoll höher als die Röhre, und dessen Diameter hält 56 Fuss. Hier springt das Wasser nicht beständig, aber doch des Tages sehr oft, und zwar, wie die Leute in der Nachbarschaft versicherten, bey kaltem und schlechtem Wetter höher als sonst.
Am Tage, wie wir da waren, sprang das Wasser von 6 bis 11 Uhr Vormittags zu zehn verschiedenenmalen, jedesmal zwischen 5 und 10 Klaftern in der Höhe. Bis dahin war das Wasser auch nicht höher als bis an den Rand der Röhre gestiegen; nun fieng es allmählich an, auch das obere Becken zu füllen und endlich gar überzulaufen. Die Leute, die wir bey uns hatten, sagten es uns, und es schien uns selbst glaublich, dass das Wasser bald weit höher springen würde, als bisher geschehen war. Um also dessen Höhe mit aller Genauigkeit zu messen, stellte Herr Doctor Lind, der uns als Astronom auf unserer Reise begleitete, seinen Quadranten auf.
Gleich nach 4 Uhr merkten wir, dass die Erde an drey verschiedenen Orten, und darunter auch auf der Spitze eines etwa 300 Klaftern von der Oeffnung liegenden Berges zu beben anfieng. Wir hörten auch ein oft wiederholtes unterirdisches Getöse, gleich starken Kanonenschüssen; und kurz darauf sprang eine Wassersäule aus der Oeffnung hervor, die sich in der Höhe in verschiedene Strahlen theilte, und die nach den mit dem Quadranten angestellten Beobachtungen 92 Fuss hoch war. Unsere grosse Verwunderung über eine so ungewöhnlich starke Kraft des Feuers und der Luft, ward noch dadurch vermehrt, dass viele Steine, die wir vorher in die Röhre geworfen hatten, nun mit dem springenden Wasser in die Höhe geworfen wurden. Sie können überzeugt sein, M. L., dass niemand mit mehrern Vergnügen seinen Tag zubringen kann als wir hier thaten, und in der That wundere ich mich eben nicht sehr darüber, dass ein dem Aberglauben so geneigtes Volk als die Isländer sind, sich einbildet, dass hier eine Oeffnung zur Hölle sey. Sie gehen daher auch selten eine solche Oeffnung vorbey, ohne in solche, und wie sie sagen: uti Fandens mun, dem Teufel ins Maul zu spucken.
Die Naturkundige haben allezeit, die so selten vorkommenden und grossen Pfeiler, welche durch die Hand der Natur in Island und an andern Orten zubereitet worden, mit der grössten Aufmerksamkeit betrachtet. Man hat sonst allezeit die bey Gians causeway für die grössten und ordentlichsten gehalten; allein wir haben auf unserer Reise durch die westlichen Inseln Schottlands, eine Stelle entdeckt, die den Riesendamm weit übertrifft.
Die ganze Insel Staffa besteht blos aus dergleichen Pfeilern, die so ordentlich sind, als man sich nur immer vorstellen kann. Sie scheinen völlig von eben der Materie zu seyn, wie die Irländischen, und haben drey bis sieben Seiten. Jedweder Pfeiler ist von andern Pfeilern umgeben, die sich so dicht an ihm anschliessen, dass sich sehr wenig Raum zwischen ihnen befindet, welcher oft mit einer crystallisirten Rinde angefüllt ist. An den mehresten Stellen stehen die Pfeiler senkrecht, an andern etwas abhängig, und noch an andern haben sie die Lage, wie das innere Gestelle oder Zimmerwerk eines Schiffs. Der höchste Pfeiler war 55 Fuss und 1 Zoll lang, und jeder Absatz desselben 1 bis 2 Fuss. Hier ist eine Höhle, die blos aus solchen Pfeilern besteht, und 367 Fuss lang, 52,7 breit und 117,6 hoch ist. In dieser Höhle steht 3 Klafter tief Wasser, so dass man mit einem Boot leicht hinein fahren kann.
Die Frage: Wie diese Pfeiler gebildet worden, ist schwer aufzulösen, allein es ist mehr als wahrscheinlich, ja fast dürfte ich sagen, gewiss, dass sie Ueberbleibsel eines alten Vulkans sind, wovon man an vielen Stellen in Schottland unläugbare Spuren hat. Man muss die Geschichte, die Helvetius von dem Pfarrer und einem galanten Frauenzimmer erzählt, nicht auf mich anwenden, welche zusammen die Flecken im Monde beobachteten, die jener für Glockenthürme und diese für ein Paar glückliche Verliebte ansahen. Ich weiss gar wohl, dass man sich oft einbildet, das würklich gefunden zu haben, worauf man am meisten denkt, oder das was man vorzüglich wünscht; allein ich versichere, dass ich hier nicht ohne die wichtigsten Gründe von dergleichen Entzündungen rede.